Dreams and Nightmares

Bilder aus dem Kunstmuseum Solingen – Zentrum der verfolgten Künste.

MuMo Praha 1/3/2012 – 22/5/2012

Josef Albers / Hans Nathan Feibusch / Arnold Fiedler / Franz Frank / Teo Gebürsch / George Grosz / Alfred Hanf / Otto Hermann / Georg Paul Heyduck / Eric Isenburger / Hella Jacobs / César Klein / Else Lasker-Schüler / Ludwig Meidner / Georg Meistermann / Otto Nagel / Valentin Nagel / Otto Pankok / Carl Rabus / Hubert Rüther / Erna Schmidt-Caroll / Wilhelm Schnarrenberger / Horst Strempel / Oskar Zügel

Im Frühjahr 2012 wird das Museum der verfolgten Künste aus Solingen zu Gast im Museum Montanelli in Prag sein.

Das Museum der verfolgten Künste ist eine in Europa einzigartige und hoch gelobte Institution. Es verbindet Literatur mit bildender Kunst, bezieht sich auf beide Totalitarismen des vergangenen Jahrhunderts, zeigt Kunst derjenigen, die Widerstand geleistet haben gegen Nationalsozialismus und Kommunismus.

Im Mittelpunkt der Ausstellung „Dreams and Nightmares“ steht die Künstlerin Else Lasker-Schüler. Von ihr ist aus den 1920er Jahren die Aussage überliefert: „Manchmal habe ich Sehnsucht nach Prag“. Sie musste nach 1933 vor den Nationalsozialisten aus Deutschenland fliehen und starb 1945 vereinsamt in Jerusalem.

Zeichnungen und Collagen von Else Lasker-Schüller, die jüngst in Berlin im Hamburger Bahnhof, dem Museum für Gegenwartskunst gefeiert wurden, bilden den größten Abschnitt der Ausstellung. Eine Auswahl hochrangiger Kunstwerke stellen das Solinger Museum darüber hinaus exemplarisch vor.

Die Ausstellung „Dreams and Nightmares“ wird gefördert vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds.

 

Das Museum Montanelli hat aus der Sammlung des Kunstmuseums Solingen in Deutschland die Ausstellung
Dreams and Nightmares konzipiert. Einzigartige Kunstwerke von einer atemberaubenden Expressivität und verstöhrenden Schönheit, die Kunst der Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung wird in den Räumen des MuMo vom 1. März bis 22. Mai präsentiert. Geschaffen von Künstlern in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts in Mitteleuropa, die sich gegen Unrecht, Diktatur und Intoleranz mit Leben und Werk stellten. Sie werden nun erstmals in einem Prager Museum vorgestellt. Die Kunstwerke sind positiv und negativ in ihrer Anmut. Sie verkörpern Dreams and Nightmares: Auf der einen Seite zeigen sie den Traum, den Kampf des Humanismuses und auf der anderen Seite den Alptraum, die Gefahren von Terrorismus, Diktatur, Krieg und Gewalt.

Politische Diktaturen haben mit dazu beigetragen, dass die Kunst der letzten hundert Jahre vollkommen aus der Bahn geworfen wurde. Zwischen 1933 und 1945 übte das nationalsozialistische Regime in Deutschland und ab 1938 auch in der Tschechischen Republik seine menschenverachtende Herrschaft aus. Der Terror der Nationalsozialisten und 10 Jahre später der Kommunisten führte zu Arbeitsverbot und Inhaftierung, trieben die Künstler – vor allem wenn es sich um rassisch Verfolgte und politisch Andersdenkende handelte – in die Flucht oder in den Tod. Rund 20.000 Kunstwerke wurden zwischen 1933 und 1945 in Museen und Ateliers beschlagnahmt oder vernichtet. Trotzdem leisteten Künstler Widerstand. Im Museum Montanelli können in der Ausstellung Dreams and Nightmares die Kunstwerke und Lebensschicksale der Andersdenkenden und Mutigen, die gegen  Nationalsozialismus und Kommunismus kämpften, wiederentdeckt werden.

Das „Zentrum der verfolgten Künste Solingen“ wurde im Jahr 2008 mit der Ausstellung „Himmel und Hölle zwis- chen 1918 und 1989“ ins Leben gerufen. Die Ausstellung und das Museum wurden hoch gelobt und von der Presse als eines der wichtigsten Museen Deutschlands gefeiert. Das Museum ist eine in Europa einzigartige Institution. Es verbindet Literatur mit bildender Kunst und bezieht sich auf beide Totalitarismen des vergangenen Jahrhunderts. Die Kunst-Sammlungen des Solinger Museums, die die Exponate stellen, sind: die Bürgerstiftung für verfemte Künste mit der Sammlung Gerhard Schneider, die Literatur- und Bildersammlung der Else Lasker-Schüler Gesellschaft.

Das Museum Montanelli hat schon im Jahr 2011 mit der ebenfalls vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds unterstützten Ausstellung „Maria Maria“ gezeigt, wie man mit Kunst Brücken zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik bauen kann. Die Ausstellung Dreams and Nightmares setzt diese Thematik programmatisch fort.

Ausstellungseröffnung im Museum Montanelli: 29. Februar 2012, 19:00 Uhr.
Dauer der Ausstellung: 1. März bis 22. Mai 2012

 

Leihgaben aus dem
Museum der verfolgten Künste,
Kunstmuseum Solingen GmbH
Wuppertaler Str. 160, 42653 Solingen
Tel. +49212 258 140
Geschäftsführung: Dr. Rolf Jessewitsch



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Vier Künstler der Ausstellung „DREAMS AND NIGHTMARES”

 

Georg Meistermann (1911-1990)

1930 bis 1933 Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie, unter anderem bei Ewald Mataré. Seine erste Ausstellung in Wuppertal-Elberfeld wurde 1933 von den Nationalsozialisten geschlossen. Abbruch des Studiums und Ausstellungsverbot. Nach 1933 bildete sich Meistermann autodidaktisch weiter und arbeitete als freier Zeichenlehrer in Solingen. 1941 verweigerte er den Eid auf Adolf Hitler. Urteil: Todesstrafe. Ein Arzt erklärte ihn für verrückt und rettet ihn vor der Hinrichtung. 1944 zerstörte ein Bombenangriff sein Atelier. Unter amerikanischer Besatzung wurde Meistermann Kulturamtsleiter in Solingen und Berater des
Collecting Point Marburg (Sammelstelle für deutsches Kulturgut). Er lehnte zwei Angebote ab: das des früheren Botschafters Francois Poncet, in Paris ein kostenloses Atelier zu beziehen, und das des späteren Präsidenten Eisenhower, in den USA eine Schule zu gründen. Nach 1946 befreundete er sich mit Kardinal Döpfner, Heinrich Böll und Dr. Josef Haubrich. 1953 Dozent an der Frankfurter Städelschule. Dem Großen Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen und der Teilnahme an der documenta I folgt 1955 die Berufung an die Düsseldorfer Kunstakademie. Nach dem ersten Preis für Glasmalerei 1958 auf der Biennale in Salzburg nahm er an der documenta II in Kassel teil. Ab 1960 lehrte er an der Kunstakademie Karlsruhe. 1964 nahm er einen Lehrauftrag an der Akademie der Bildenden Künste in München an. 1967 bis 1972 war Meistermann Präsident des Deutschen Künstlerbundes. Auf Wunsch des Alt-Bundeskanzlers Willy Brandt porträtiert er ihn 1977 für die Galerie der Bundeskanzler im Bundeskanzleramt.

 

Carl Rabus (1898-1983)

Rabus flüchtete 1934 vor restriktiven Maßnahmen von München nach Wien und konnte dort mit seiner jüdischen Freundin Erna Adler zusammenbleiben. Kurz vor der Besetzung Österreichs durch das nationalsozialistische Deutschland emigrierte Erna Adler nach Belgien, Rabus folgte ihr. 1940 wurde Carl Rabus als „dem Feind nahestehender Ausländer“ verhaftet und im Lager St. Cyprien am Mittelmeer interniert. Neben St. Cyprien unterhielten die Franzosen im unbesetzten südlichen Teil, dem Verwaltungsbereich des Vichy-Regimes, die Lager Les Milles und Gurs, in denen Tausende deutscher Flüchtlinge interniert wurden. Die unerträglichen Zustände, die Trost- und Perspektivlosigkeit der gefangen Gehaltenen hat Rabus in ca. einhundert Zeichnungen dokumentiert und später in Holzschnitte umgesetzt –
dem Zyklus „Passion“, ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. Als man ihn von St. Cyprien aus nach Brüssel zurückkehren ließ, geriet er dort ab Herbst 1941 unter Gestapoaufsicht. Der Kontrolle unterlag er auch noch 1943, als er das Bild „Selbst in Spiegelscherbe“ malte. 1944 wurde er mit dem Vorwurf der Rassenschande in ein Wiener Gefängnis verbracht, da er immer noch zu seiner jüdischen Freundin hielt.

 

Oscar Zügel (1892-1968)

Zügel begann 1914 eine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Stuttgart. Unterbrochen von seiner Soldatenzeit setzte er von 1919 bis 1922 seine Ausbildung fort. Anschließend arbeitete er als freier Künstler in Stuttgart. Die Bilder Oscar Zügels erlebten nach 1933 eine nahezu unglaubliche Geschichte. Das Bild
„Propagandaminister“ von 1933 wurde ein Jahr später zusammen mit der fünfteiligen Folge „Genotzüchtigte Kunst“ aus dem Atelier Zügels in Stuttgart als „degeneriert“ beschlagnahmt und sollten auf dem Hof der Stuttgarter Staatsgalerie verbrannt werden. Oscar Zügel gehörte zum Kreis der kritischen Intelligenz Stuttgarts und nach der Warnung, ihm widerfahre das gleiche Schicksal wie einem ermordeten jüdischen Freund, ging Zügel 1934 ins Exil – auf Rat seiner französischen Freunde nach Tossa de Mar. Dort traf er Künstler, Schriftsteller und Philosophen, war befreundet mit André Masson und Marc Chagall. Die Franco-Hitler-Allianz veranlasste Zügel, das spanische Exil zu verlassen und nach einem kurzen Aufenthalt in Deutschland 1937 nach Argentinien auszuwandern. Durch die Peronisten erfolgten bald Repressalien gegen die Familie Zügel. 1950 kehrte Zügel nach Europa zurück. Sein Haus in Tossa de Mar fand er geplündert vor, aber spanische Fischer hatten einige seiner wichtigsten Bilder versteckt und für ihn gerettet. 1951 begegnete Zügel nach einem Besuch beim Direktor der Stuttgarter Staatsgalerie dem dortigen Hausmeister, der ihm sagte, dass im Maschinenraum drei Kisten mit seinen Bildern lagern, die man bei den Verbrennungsaktionen übersehen hatte. Es waren die 1934 konfiszierten Bilder, darunter auch der „Propagandaminister“.

 

Else Lasker-Schüler (1869-1945)

Ihre erste Ehe mit dem Arzt Berthold Lasker, 1894 eingegangen, wurde nach neun Jahren geschieden. 1899 kam ihr Sohn Paul zur Welt. Den Namen des Vaters von Paul gab sie nie preis. 1902 erschien Styx, ihr erster Gedichtband. 1903 heiratete sie Georg Levin, dem sie den Namen Herwarth Walden gab und dessen Zeitschrift sie „Der Sturm“ nannte. Nach wieder neun Jahren wurde die Ehe geschieden. Als Tino von Bagdad lebte sie damals in den Kostümen des Orients und erschuf sich neu als Prinz Jussuf von Theben. Am 19. April 1933 floh die Dichterin in die Schweiz. In der Schweiz hatte sie Schreibverbot und wurde von der Fremdenpolizei bespitzelt. Die Aufenthaltserlaubnis wurde der „Asylantin“ nur zweimal widerwillig gewährt, beim dritten Mal verweigert. Ihre Bücher wurden in Deutschland verbrannt, ihre Zeichnungen, die im Museum Montanelli ausgestellt sind, aus der Berliner Nationalgalerie entfernt. Dennoch hielt sie an der Symbiose des Deutschen mit dem Jüdischen fest und gilt heute als eine der bedeutendsten deutschen Dichterinnen. Sie starb am 22. Januar 1945 in Jerusalem. Jussuf weidet die Ziegen und Schafe, Ende der 1920er Jahre Feder, Bleistift, Kreide und Goldpapierapplikationen auf Japanpapier Kunstmuseum Solingen – Dauerleihgabe der Else Lasker-Schüler Gesellschaft Else Lasker-Schüler hielt sich am 5. April 1913 in Prag auf. Sie war zu einer Lesung in den „Klub deutscher Künstlerinnen“ eingeladen worden.

Prager Tageszeitung Bohemia / Die Dichterin und der Polizist:
„Heute um zwölf Uhr nachts erregte ein kurzer Vorfall die Beachtung der nächtlichen Passanten. Auf dem Altstädter Ring wurde eine abenteuerliche gekleidete Dame von einem Wachmann in brüsker Weise angefahren, weil sie mit verzückten Mienen und rhythmischen Schwingungen ihres Leibes unzusammenhängende Worte gegen das Firmament sang… Die Dame, die ein schwarzes Gewand und um den Hals, der von schwarzen, wallenden Locken umsäumt war, eine Onyxkette trug, war Else Lasker-Schüler. Vergeblich machten die Begleiter der Dichterin… den Polizisten darauf aufmerksam, dass es sich um einen exotischen Gast aus Theben handle (Else Lasker-Schüler spricht sich in ihren Gedichten immer als Prinz von Theben an), der hier ein morgenländisches Gebet verrichte. ‚Das ist mir wurscht!‘ antwortete
der Wachmann, ‚hier darfs niemand nicht singen‘ und forderte energisch die weltentrückte Dichterin zum Einstellen des Gesanges auf. Erschreckt fuhr diese zusammen und, erregt dem Wachmann das Wort ‚Prinz‘ ins Gesicht schleudernd, entfernte sie sich…“

in: Hartmut Binder, „Else Lasker-Schüler in Prag“, in: Wirkendes Wort 3 (1994), S. 405-438

 

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