Das Projekt Anatomia metamorphosis konzentriert sich auf drei tschechische Art-Brut-Künstler. Es stellt die bereits international anerkannten Künstler Anna Zemánková (1908–1986) und Luboš Plný (*1961) sowie den neu entdeckten Zeichner František Dymáček (1929–2003) vor.
Die Ausstellung hatte ihre Premiere 2009 in der Pariser Galerie abcd. Im Jahre 2011 fand sie in den Räumen des Museums Montanelli statt, dieses Jahr wurde sie mit großem Erfolg in Museen in Kobe und Hiroshima (Japan) gezeigt. Jetzt ist sie auch für das Berliner Publikum zu sehen.
Der französische Maler und Art-Brut-Sammler Jean Dubuffet definierte Art Brut als „künstlerische Produkte aller Art (…), die eine Spontaneität und eine große künstlerische Vorstellungskraft aufweisen und die sich möglichst wenig der heute üblichen Kunst und Kunstvorlagen unterordnen. (…) Wir werden Zeugen einer völlig reinen, rohen künstlerischen Tätigkeit, die in ihrem Ganzen oder in ihren einzelnen Phasen ausschließlich vom Autor und seinen eigenen Beweggründen ausgeht.“
Auch das Schaffen der Künstler, die im Projekt Anatomia Metamorphosis vertreten sind, ist originell, solitär und unikat. Trotzdem können in ihren Werken bestimmte gemeinsame innere Verbindungen aufgespürt werden. Die künstlerischen Projekte aller drei Künstler werden von dem gleichen fixen Gedanken verbunden: Zemánková, Plný und Dymáček reflektieren in ihrem Schaffen – jeder auf seine absolut einzigartige Weise – ihre Körperlichkeit und unterziehen sie zahlreichen anatomischen Metamorphosen.
Für Luboš Plný (*1961) ist sein Schaffen ein wissenschaftliches Projekt. Bei seinen Tuschezeichnungen, die häufig durch Acrylmalerei und Collagen vervollständigt werden, handelt es sich meist um anatomische Selbstporträts. Er hält darin Experimente fest, die er am eigenen Körper durchführt und in tomographische Schnitte zeichnet. Eine große Inspiration für ihn war die Geburt seines Sohns Vincent (2005), der in den letzten Jahren zum zentralen Thema seines Schaffens wurde.
Während Luboš Plný das Innere des menschlichen Körpers absolut explizit enthüllt, reflektiert Anna Zemánková (1908–1986) ihre Körperlichkeit unterbewusst. Organische Formen, die an physiologische Prozesse im Zusammenhang mit der Mutterschaft erinnern, verbarg sie hinter pompös schönen Pflanzenmotiven, maskierte sie mit Tausenden von Details. Manchmal perforierte sie ihre Pastellzeichnungen oder ergänzte sie durch gehäkelte Applikationen. Sie schuf so ein fantastisches Herbarium mit Pflanzen aus einer anderen Welt.
Der Schaffensprozess und die Formenlehre von František Dymáček (1929–2003) erinnern an die Zeichnungen spiritistischer Medien. Mit Kugelschreiber und Filzstiften schuf er dynamische, organische Strukturen, die an Zellkumulationen oder Schnitte durch Körperorgane erinnern. Dymáčeks Zeichnungen kartieren seinen mentalen Raum, sie sind ein Labyrinth, das von Dämonen bewacht wird, die aus den Wirren seiner nur scheinbar dekorativen Arabesken hervorlugen.
Zur Ausstellung sind drei dreisprachige (deutsch-tschechisch-englische) Kataloge erschienen.
Kuratorin: Terezie Zemánková, Ivana Brádková